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Erschienen: Heft 2023/1 mit dem Schwerpunkt Recht
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Abstracts der Referate auf der Frühjahrstagung 2004 in Zürich


Berger, Prof. Dr. Christian
Die Erstellung elektronischer Archive in der Novellierung des deutschen Urheberrechts - von der EU-Richtlinie zu "Korb II"
Das Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft aus dem Jahre 2003 hat das Archivprivileg eingeschränkt. Elektronische Archive sind nur zulässig, wenn sie keinen Erwerbszweck verfolgen. Zudem dürfen sie nur der Bestandssicherung dienen, nicht Recherchezwecken. Der Gesetzgeber trägt damit den Vorgaben der EU-Informationsrichtlinie Rechnung. Im Rahmen der weiteren Anpassung des Urheberrechts an die Informationsgesellschaft ("Korb II") steht eine nochmalige Änderung und ggf. Harmonisierung an das Recht zur Erstellung elektronische Pressespiegel zur Diskussion. Der dem Gesetzgeber aufgrund der Informationsrichtlinie verbliebene Gestaltungsspielraum ist freilich sehr eng.

Clerici, Peter
Digitalisierungsprojekt der Ringier Dokumen-tation Bild (RDB)

Die Ringier Dokumentation Bild (RDB), eine Abteilung des grössten Verlagshauses (Ringier AG) der Schweiz, besitzt landesweit eines der umfassendsten Bildarchive mit ca.10 Mio. physischen und momentan 250 000 digitalen Bildern. Pro Woche werden über 1000 neue Bilder ausgewählt, indexiert und in die Datenbank eingepflegt. Das digitalisierte Bildangebot steht auch externen KundInnen online zur Verfügung. Seit 1999 wird verlagseigenes und externes Bildmaterial konsequent nur noch digital archiviert. Gestartet wurde mit einer inhouse entwickelten Datenbank, welche im Herbst 2003 durch eine Standardsoftware abgelöst wurde. Das aktuelle, von der Konzernleitung bewilligte, Digitalisierungsprojekt hat zum Ziel, nebst der Archivierung der aktuellen Bilder, in drei Jahren zusätzlich ca. 300 000 Bilder des physischen Archivs zu scannen und ins digitale Archiv zu integrieren. Um diese Menge an Bildern zu bewirtschaften, wurden die personellen und finanziellen Ressourcen vorübergehend aufgestockt. Der Schwerpunkt der Bildauswahl liegt bei exklusiven, verlagseigenen Bildern mit kultur-historischem Hintergrund. Nach dieser Zeitspanne wird nur noch das digitale Archiv bewirtschaftet, das physische Archiv teilweise aufgelöst oder dezentralisiert.

Blume, Horst Ch.
PhonoNet - Dienstleistungen zur Unterstützung der Vermarktung der phonographischen Industrie

Das Ziel von PhonoNet ist es, durch einheitliche Schnittstellen und Formate den Datenaustausch zwischen allen Musikfirmen, Händlern und Medienpartnern effizient zu gestalten. Urheberrecht ist für diese Arbeit insofern wichtig, dass PhonoNet keine Rechte an den Daten erwirbt und weitergibt, sondern die Daten im Auftrag der Rechteinhaber bereitstellt.

Deggeller, Kurt
Multimedia bezeichnete vormals ein unhandliches Konglomerat aus Druckerzeugnis und Bild- oder Tonkassette. Heute ist es eine beliebte Informationsform, die aus dem Alltagsleben der Medien nicht mehr wegzudenken ist. Da Bilder, Töne und Texte aus derselben Materie, nämlich Bits und Bytes hergestellt oder, bei älterem Material, in diese Form gebracht werden, sind der Konvergenz kaum noch Grenzen gesetzt. In der Praxis der Medien hat diese Entwicklung weitgehende Konsequenzen. Für die Beschaffung von Information, deren Verarbeitung und Speicherung sowie Verbreitung bedarf es neuer Strategien und neuer technischer Mittel. Auch die Nutzung von Information geht neue Wege: wir wollen von einem bestimmten Ereignis nicht nur Bilder oder nur einen O-Ton oder nur etwas Geschriebenes, wir wollen alles gleichzeitig und möglichst schnell verfügbar haben. Dieser Anspruch wird meist über Internet an alle Informationsquellen herangetragen: an die Printmedien, an den Rundfunk, aber auch an Archive, Bibliotheken und Museen. Er beeinflusst den Produktionsprozess von Information, die Art, wie diese verbreitet wird, sowie die Recherchetechnik. Jüngeres und älteres Archivgut wird in digitalisierter Form mit der aktuellen Information verknüpft und damit Mehrwert erzeugt. Wie weit all dies in der Praxis schon umgesetzt ist, werden wir aus den folgenden drei Beiträgen erfahren, die aus einem Printmedium, einer Rundfunkanstalt und einem Netzwerk zur Erhaltung des audiovisuellen Kulturguts stammen.

Dreer, Pascal
Managing Multimedia Content am Beispiel swissinfo.org
Swissinfo/Schweizer Radio International hat sich in den letzten Jahren vom Kurzwellen-Radio Broadcaster zu einem Online-Unternehmen gewandelt. Das Kernprodukt bildet dabei die mehrsprachige News- und Informationsplattform swissinfo.org. Statt "nur" Audio wird heute multimediales Material in neun Sprachen erstellt und über verschiedene Online-Kanäle verbreitet. Der Umgang mit multimedialen Inhalten, die Verwaltung und Publikation von Inhalten mit dem für Medienbedürfnisse entwickelten Asset-Management System und neue Heraus-forderungen wie Speicherung und Bandbreiten-Bedürfnisse sollen am Beispiel von swissinfo.org aufgezeigt werden.

Ernst, Prof. Dr. Wolfgang
Jenseits der archivalischen Ordnung? Optionen digitaler Datenströme
Aus der Notwendigkeit, zu Sicherungsgründen digitale Kopien technisch veralteter AV-Bänder zu erstellen, ergibt sich ein vollständig digitalisierter Datenpool. Auf diesen nicht schlicht die klassischen Formen archivischer Ordnung und Klassifikation abzubilden und damit ein altes Speichermedium zur Botschaft des neuen zu machen (McLuhan), sondern die genuinen Optionen anderer Bild- und Tonordnungen (image-based image retrieval etwa) zu nutzen, ist der Auftrag des digitalen Archivs. Der Schrecken aller Archivare, nämlich Unordnung, wird damit stochastisch aussagefähig und archivtechnisch kultivierbar. Archiv heißt hier nicht mehr nur der Ort von Kassation, Erfassung und Bewahrung von Dokumenten, sondern ebenso (mit Foucault) das neue mediale Gesetz dessen, was gehört und gesehen, gelesen und erinnert werden kann. Auf der Ebene von Programmierung wird das Archiv selbst algorithmisch produktiv, und die emphatische Trennung vom Ort des Archivs und die Operativität von Gegenwart verschwimmt. Doch bedarf es einer Clearing-Stelle, solche Dinge zu wissen und zu erproben; gegenüber der reinen Internet-Vernetzung virtueller Archive ("Netzwerk Mediathek") bedarf es des Ankers im realen Raum, der lokalen Rückkopplung an die Materialität von Dokumenten als Pfand der Autorisierung virtueller Datenströme.

Figini, Sandra
Vision mit Stolpersteinen - ein CMS für Speicherung, Verwaltung und Retrieval des gesamten Video-contents aus Produktion und Archiv. Digitalisierungskonzept beim Schweizer Fernsehen DRS
Die Vision: Ein Content Management System speichert und verwaltet Videocontent und Metadaten, unabhängig davon, ob es sich um aktuelles Material, Agenturmaterial oder Archivmaterial handelt. Der Videomanager (ehemals Archivar) speichert, erfasst und beschreibt diese verschiedenen Kategorien von Videomaterial. Der Programm-schaffende sucht auf diesem System nach benötigtem Videocontent, visioniert, stellt gewünschte Videosequenzen zusammen und schickt diese als Projektdateien auf den Schnittplatz. Das Konzept leuchtet ein, tönt verlockend! Wo aber liegen die Stolpersteine auf dem Weg ins digitale Paradies? Und: Kann man das bezahlen?

Gasterich, Franz-Josef
Das neue Elektronische Archiv der Frankfurter Allgemeinen Zeitung - vom klassischen Papierordner zum digitalen Presseordner

Das Textarchiv der Frankfurter Allgemeine Zeitung ist eines der großen Pressearchive der Welt. Es umfaßt einen Bestand von etwa 40 Mio. Presseartikeln aus mehr als 200 Quellen, die bis in das Jahr 1949 zurückreichen. Zum 1. Januar 2004 wurde dieses Textarchiv vollständig auf die digitale Speicherung der neu eingehenden Presseartikel umgestellt. Besondere Merkmale dieses elektronischen Archivs sind die Speicherung ausgewählter Artikel aus einer Vielzahl von Quellen, die differenzierte Verschlagwortung unter Verwendung einer speziell entwickelten Klassifikation und die browsergestützte Recherche, die die Selektion der verschiedenartigen Informationstypen des neuen Archivs unter einer Oberfläche ermöglicht. Die gestuften Informationselemente der Pressedatenbank reichen von Volltexten mit Grafiken, Bildern und Darstellungen kompletter Zeitungsseiten über Referenzinformationen und Hinweisen auf Experten bis hin zu weiterführenden Informationsquellen mit Links in das Internet.
Im Vortrag werden die dokumentarische Konzeption, die techni-sche Plattform, die Elemente der inhaltlichen Erschließung und die Rechercheoberfläche dieses internen, elektronischen Presse-archivs vorgestellt, das innerhalb von fünf Monaten realisiert wurde.

Geiger, Charles
Weltgipfel Informationsgesellschaft - von Genf nach Tunis

Die erste Phase des Weltgipfels zur Informationsgesellschaft fand vom 10. bis 12. Dezember 2003 in Genf statt. Die zweite Phase ist geplant in Tunis vom 16 bis 18 November 2005. Der Referent wird vorerst auf die beiden Dokumente "Declaration of Principles" und "Plan of Action" eingehen, die in Genf verabschiedet wurden, und dann, soweit zum Zeitpunkt des Referats bekannt, die Vorbereitung der zweiten Phase beschreiben. Der zweite Teil des Referats ist dem Zusammenhang zwischen Wissensgesellschaft und Entwicklung gewidmet. Wie kann verhindert werden, dass durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien die Reichen noch reicher und die Armen noch ärmer werden? Ist die Wissensgesellschaft ein "westliches" Phänomen, ein Produkt der Aufklärung, oder ein universaler Trend? Besteht die Gefahr einer zukünftigen Eintopf-Kultur? Neben den Fortschritten, welche Gefahren bergen die neuen Technologien und welche rechtlichen Fragen stellen sich?

Müller, Rudolf
Grundlagen und Kriterien der Bewertung von Beständen in den Schweizer Radiostudios

Für Memoriav, den Verein zur Erhaltung des audiovisuellen Kultur-gutes der Schweiz, ist die Bewertung und Selektion ein zentrales Aufgabengebiet. Ziel ist eine konsistente, nationale Politik bei Auswahl, langfristiger Aufbewahrung und Zugang.
Ausgewählte Bestände von Tondokumenten sollen öffentlich recherchier- und anhörbar gemacht werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sind strukturierte Bewertungs- und Selektionsarbeiten im Hinblick auf eine Priorisierung notwendig. In den Radioarchiven, von welchen hier die Rede sein soll, sind mehrere Achsen des Vorgehens miteinander zu koordinieren. Zum einen ist in der heterogenen kulturpolitischen Landschaft der Schweiz nicht von vornherein klar, was die einzelnen Sprachregionen als aufbewahrenswert erachten. Memoriav kann Hinweise geben, ob und wie über die sprach-regionalen Grenzen hinaus Komplementarität geschaffen werden könnte. Von der Ueberlieferungsbildung her betrachtet, das ist der zweite Punkt, unterscheiden wir beim Altmaterial Eigenproduziertes und technisch-kommerziell Vervielfältigtes, das je verschieden behandelt wird. Zur Bewertung der Eigenproduktionen wurde eine mehrstufige Segmentierung nach Programmbereichen und Sendegefässen vorgenommen. Aufgrund einer chronologisch auf-gebauten Synopse der Bestände kann die Programmleitung eine inhaltliche Priorisierung in drei Stufen vornehmen. Das Interes-sante an diesem Vorgehen ist, dass die Divergenzen kleiner sind, als man befürchten könnte. Eine dritte Achse des Vorgehens gehört bereits der Vergangenheit an: Die Priorisierung nach Mass-gabe des Zerfalls. Ca. 25 bis 30 % der physisch am meisten bedrohten Tonträger wurden in den letzten Jahren überspielt. Ein vierter und letzter Punkt betrifft die Konzeption der langfristigen Aufbewahrung der Originale und den Zugang zum nicht oder noch nicht behandelten Material. Sie ist als langfristige Zusammenarbeit und Arbeitsteilung der grossen nationalen Archivinstitutionen innerhalb des Memoriav Netzwerkes organisiert.

Naegeli-Frutschi, Dr. Urs H.
Idées Suisses
Nach 17 Jahren findet also die Frühjahrstagung der Fachgruppe 7 wieder in der Schweiz statt. Anlass genug, einen generellen Überblick sowohl über die schweizerische Medienlandschaft wie auch über die hiesige Dokumentationsszene anzustellen. Die Schweiz kennt eine enorme Vielfalt vor allem der gedruckten Medien, begründet in den föderalen und regionalen Strukturen, sowie der Viersprachigkeit des Landes. Trotzdem herrscht natürlich auch hierzulande ein Trend zur Konzentration, was die verbleibenden Medien vermehrt dazu zwingt, sich zu positionieren und zu überlegen, was sie von anderen unterscheidet. Die Schnelllebigkeit des Rohstoffes "Nachricht" zwingt die schreibende Zunft zu anderem Arbeiten und vor allem zur Konsultation von viel mehr Quellen als früher. Ein Instrument dazu ist die Schweizerische Mediendatenbank SMD, deren Arbeitsorganisation und Erschließung hier auch näher vorgestellt werden soll.

Haener, Ruth
Mladic als heisse Kartoffel im jugoslawischen Landwirtschaftsdossier.
Halbautomatische Erschliessung im NZZ-Archiv. Erfahrungen und Konsequenzen.

Die definitive Verabschiedung des Papierdossiers zu Gunsten des digitalen Wegs ist ein ereignisreicher Hürdenlauf. Die Resultate unserer Erschliessung über ein digitales Arbeitsinstrument sind von unbarmherziger Transparenz.
Als das NZZ-Archiv im Jahr 2000 mit der Dossierbildung im digitalen Bereich begann, baute es auf die ‚alte' Organisation der Papierdossiers auf. Kontinuität in der Erschliessung der NZZ sollte beibehalten und der Zugriffskomfort erhöht werden. Gleich zu Beginn war im NZZ-Medienarchiv eine Suche über die produktionsbedingten Metadaten (Publikation, Ressort, Textgruppen, Autor / Autorin, Datum etc.) sowie über Volltext möglich, was die Zugriffsnotwendigkeit auf inhaltlich strukturierte Information deutlich relativierte. Die Arbeitsweise in den Redaktionen änderte sich rasch und irreversibel.
Kaum umgestiegen fragten wir uns im Archiv, ob wir tatsächlich an zukunftsorientierten Produkten arbeiteten und ob die Komplexität der traditionellen Erschliessung inklusive Pflege der Algorithmen in der von uns begonnenen Dichte verhältnismässig sei. Hinzu kam, dass die Dossiers über Schlagwörter gebildet wurden und das Dossiermodul technisch unausgereift war. Die Information war somit von Anfang an hybrid organisiert. Zwar brachte die halbautomatische Erschliessung klar Rationalisierungseffekte, hat(te) jedoch trotz intensiver Systempflege ihre Grenzen (siehe Titel). Die Lebendigkeit der Sprache wird uns immer ein Schnippchen schlagen. Im Sommer 2003 zogen wir die Konsequenzen: Wir erschliessen neu ausschliesslich über Schlagwörter und planen, im Frühjahr 2004 auf den Katalog von IPTC umzusteigen. Dies nicht, weil der Katalog so ganz anders wäre als der hausinterne, sondern weil wir den numerischen IPTC-Code aktiv und formatübergreifend einsetzen wollen, vorerst in Text und Bild. Dass wir das Lektorat, die manuellen Korrekturen der halbautomatischen Erschliessung und die Systempflege weiterhin als Kerngeschäft sehen, hat wesentlich mit dieser Verknüpfung zu tun. Wir kommen damit auch unserem Ziel, möglichst wenig proprietär, sondern standardorientiert und allgemeinverständlich zu erschliessen, einen Schritt näher.

Hinze, Jens
Ein Jahr Automatische Katalogisierung von Pressetexten - Erfahrungen der Bauer Verlagsgruppe mit Recommind

Die Pressedokumentation der Bauer Verlagsgruppe setzt zur inhaltlichen Erschließung ihrer Dokumente seit April 2003 den MindServer Categorizer der Firma Recommind ein. Mit der Einführung dieser Technologie konnte der bis dahin in Anspruch genommene Service eines externen Dienstleisters ersetzt werden und eine Kernaufgabe dokumentarischer Arbeit, bei gleichbleibender Personalzahl, wieder in den internen Arbeitsablauf integriert werden. Neben der Kostenersparnis zählen der schnellere und in der Regel qualitativ bessere Zugriff auf die archivierten Informationen zu den großen Vorteilen, die die bekannten Schwächen der automatischen Indexierung überwiegen.

Huck-Blänsdorf, Hans
Brockhaus - vom klassischen Lexikon zur multimedialen Inhalte-Vermarktung
Als marktführender deutschsprachiger Lexikonverlag hat Brockhaus in den letzten Jahren verschiedenste Aktivitäten eingeleitet, um neben dem Buchgeschäft in einer sich verändernden Welt - auch für die Rezeption von lexikalischen Inhalten - zukünftig neue Geschäftsmöglichkeiten in der Vermarktung der Brockhausinhalte wahrnehmen zu können. Der Vortrag berichtet über die einzelnen Maßnahmen und gibt einen ersten Überblick über die gemachten Erfahrungen. Einige Beobachtungen, die belegt und diskutiert werden sind dabei:
- Der subjektiv wahrgenommene Wert eines Buches ist in der Breite noch nach elf Jahren CD-ROM und fünf Jahren Online von den Neuen Medien nicht eingeholt.
- Buch + CD + Online: USP für ein Buchprodukt und neue Form der Kundenbindung.
- Wettbewerber auf dem Markt für allgemeine Informationsdienst-leistungen sind vermehrt "Quereinsteiger": technische Anbieter, Non-Profit-Organisationen, Portale, Suchmaschinen, uninahe Projekte (GNU-Projekt etc.).
- Noch ist unklar, welche neuen Trägermedien - außer Internet - in der Wissensvermittlung in Zukunft erfolgreich sein werden (Intranets, UMTS, WAP, i-mode, ebook, pocket pc etc.).
- One-to-One: Die direkten Kundenzugänge spielen eine immer größere Rolle. Der (technische) Zugang zum Kunden gewinnt gegenüber inhaltlicher Kompetenz zunehmend an Bedeutung.

Lersch, Prof. Dr. Edgar
Die Europaratskonvention zum Erhalt des Audiovisuellen Erbes - Konsequenzen für dessen Bewertung und repräsentative Bestandsbildung
Mit dem Inkrafttreten der Europaratskonvention zum Erhalt des audiovisuellen Erbes mutieren hinaus die bisher ausschließlich der Wiederverwertung im Produktionsalltag dienenden AV-Dokumentationen über zweifelhafte Selbstverpflichtungen zur Kulturgutsicherung zu Archiven im klassischen Verständnis des Wortes. In diesem Zusammenhang bestimmt die Konvention in Art. 13.2 ausdrücklich, dass Kriterien zur Bewertung und Aussonderung der Bestände entwickelt werden sollten. Nach archivischem Verständnis ist eine Spannbreite von der Total-archivierung (bisherige Praxis in den FS-Dokumentationen) bis zu rigiden Aussonderungsquoten möglich, die sich allerdings nicht an rein ökonomischen Kriterien orientieren dürfen und auch nicht an Bewertungsentscheidungen, die aus der Perspektive der jeweils aktuellen und sich verändernden Programmpraxis. Mit Blick auf eine dauerhafte Aufbewahrung nach archivischen Überlegungen ist an Kriterien zu denken, die unter der Perspektive der Auswertungsoffenheit die audiovisuellen Dokumente nach dem Gesichtspunkt ihres "informationellen Gehalts" für dauerhaft überlieferungswürdig qualifizieren. Mit Hilfe einer provenienz-orientierten Vorgehensweise sind die auf gattungsspezifische Spezifika zurückgehenden Redundanzen und stark repititiven Elemente Programmteile zu umschreiben. Abseits einer inhalts-orientierten Bewertung können so sachgerechtere Ergebnisse und auch im Aufwand effizientere Bewertungsprozesse erzielt werden als bei der Entscheidung über ein Einzelstück. Auf diese Weise müsste es gelingen, die angesichts der stark ausgeweiteten Produktionsvolumina stark angewachsenen Bestände auf beherrschbare Größen zu reduzieren.

Looser, Heinz
Das Projekt "Digitale Archiv-Speicherung" bei Schweizer Radio RDS

Die Digitalisierung eines Archivs ist kein neues Abenteuer, es gibt einige Vorbilder, von denen wir alle viel lernen können. Bemerkenswert am Projekt Digitale Archiv-Speicherung bei Schweizer Radio DRS sind einige Besonderheiten, die Anlass für spannende Diskussionen sein können: Aus finanziellen Gründen, drängte sich eine drastische Selektion der Archivbestände auf. Wir haben diese Selektion konsequent gemäß der Prioritätensetzung des Programms durchgezogen, in einem komplexen Prozess mit den Programmverantwortlichen. Die alte Archivdatenbank, die sich stark an Musad/Wosad anlehnte, wurde im Rahmen des Projekts durch ein Content Management System ersetzt: dieses fußt auf einer neuen stammdatenbasierten Metadatenstruktur, mit etlichen Vorteilen. Kern des Digitalen Archivsystems ist eine standardisierte zentrale Datenbank, die auch die Datenbanken der Sendesysteme, die Rotation und die Musikplanung unterstützt und die den Datenaustausch mit externen Institutionen vereinfacht. Zudem verringert sie den Erfassungsaufwand durch die bessere Konsistenz der Daten. Der gesamte alte Datenbestand wurde migriert, ein Prozess, dessen Komplexität wir unterschätzt haben und der uns mit einigen Lernschritten beglückte.
Das neue Archivsystem erlaubt ein Vorhören der Audios und es erhöht die Verfügbarkeit von Zusatzdokumentationen zu Audios (Pressetexte, Booklets, Bandbegleitmaterial, Manuskripte, Moderationstexte usw.). Daraus resultiert eine deutliche Entlastung der Archivbewirtschaftung. Das neue CMS musste in eine komplexe digitale Rundfunkwelt implementiert werden, damit die nötigen Synergien und Erfolge wirksam wurden; dies beinhaltet insbesonders die direkte Anbindung an ein Sendesystem. Last but not least beschäftigte uns der Aufbau einer Digitalisierungs-Infrastruktur und das Aufgleisen eines Digitalisierungsprozesses mit allen Implikationen (audiotechnisches Know-how, Ausbildung, Funktionsänderung von Dokumentaren und Dokumentarinnen), die auch auf der sozialen und psychologischen Ebene einige Herausforderungen darstellten.

Paaß, Dr. Gerhard
Konzept zur Evaluation von Textminingver-fahren beim PAN und der dpa
Für den Einsatz beim Presse-Archiv-Netzwerk deutscher Rundfunkanstalten sowie bei der Deutschen Presse-Agentur wurden vom Fraunhofer Institut für Autonome intelligente Systeme Textminingverfahren in zwei Szenarien untersucht: Bei der teilautomatischen Erschließung werden von den Textminingsystemen Vorschläge zur inhaltlichen Erschließung von Presseartikeln geliefert, die von Dokumentaren manuell korrigiert werden. Bei der partiell vollautomatischen Erschließung werden Vorschläge mit hoher Zuverlässigkeit automatisch in die Erschließung übernommen und nur der Rest von Dokumentaren überprüft. In einer umfangreichen Evaluation wurden sieben Textminingsysteme führender deutscher Anbieter auf ihre Eignung untersucht. In einem formalen Erschließungstest wurde für zwei umfangreiche Datenbestände von jeweils mehr als 400000 Presseartikeln bzw. Agenturmeldungen evaluiert, mit welcher Zuverlässigkeit die Systeme die vorgegebene Erschließung rekonstruieren können. Ziel war hierbei nicht nur die Einordnung von Dokumenten in umfangreiche Klassenhierarchien, sondern auch die Extraktion von Namen, Sachdeskriptoren und freien Schlagwörtern. Zusätzlich wurde in Usabilityexperimenten untersucht, welcher Anteil der Vorschläge der einzelnen Systeme von den Dokumentaren tatsächlich übernommen wird. Hierzu wurde eigens eine neutrale Benutzeroberfläche erstellt, um allein die inhaltlichen Unterschiede der Vorschläge zu bewerten. Der Vortrag erläutert das Konzept dieser Untersuchungen und diskutiert einige der gewonnenen Ergebnisse.

Peters, Günter
Automatische Verfahren zur Klassifizierung bzw. Verschlagwortung von Volltexten haben sich im letzten Jahr etabliert. Sie sind über das Erprobungsstadium hinaus gekommen und werden in Pressedokumentationen eingesetzt. Gleichzeitig haben sich weitere Anbieter von solchen Verfahren vorgestellt, so dass der Überblick über die angebotenen Verfahren immer schwieriger wird. Die Kriterien, nach denen diese Verfahren verglichen und bewertet werden sollen, sind ebenfalls schwer festzulegen. Einerseits sollen die Kriterien die unterschiedlichen Ansätze berücksichtigen und andererseits so pragmatisch, so auf die dokumentarische Praxis bezogen sein, dass man aus den Tests Rückschlüsse auf die Einsetzbarkeit der geprüften Verfahren ziehen kann. Diese Kriterien sollen in diesem Block exemplarisch dargestellt werden.
Das wesentliche Kriterium zur Überprüfung von Theorien ist, wie bekannt, die Praxis. Deshalb sollen im 4. Block der Frühjahrstagung 2004 Erfahrungen im Mittelpunkt stehen, die beim Einsatz von automatischen Verfahren gemacht wurden. Sind verschiedene Typen von Pressetexten (Berichte, Glossen, Rezensionen) von den eingesetzten Verfahren gleich gut analysiert worden? Welche Auswirkungen hat die Zusammensetzung von Trainingsmengen auf die Ergebnisse der Klassifikation? Können die vorhandenen Arbeitsabläufe in den Dokumentationen aufrecht erhalten werden oder müssen sie verändert werden? Gibt es Einsparungen durch den Einsatz solcher Verfahren? Diese und weitere Fragen sollen in den Erfahrungsberichten beantwortet bzw. während dieses Blocks diskutiert werden.

Rauh, Felix
Die Memobase von Memoriav - wo Metadaten von Fernsehsendungen, Filmwochenschauen, Radiodokumenten und Alltagsfotografien zusammentreffen
Memobase ist die Online-Datenbank von Memoriav, dem Verein zur Erhaltung des audiovisuellen Kulturgutes der Schweiz. Metadaten von Memoriav-Projekten werden für die Suche über das Internet so aufbereitet, dass sie in eine erweiterte Dublin Core Struktur passen und damit unabhängig von der Dokumentenart gefunden werden. Während Fotografien in niedriger Auflösung sichtbar gemacht werden dürfen, können aus rechtlichen Gründen keine Film- und Fernsehbeiträge über Memobase gezeigt werden. Radioprogramme sind dagegen von dafür bestimmten und entsprechend kontrollierbaren Arbeitsplätzen aus zugänglich.

Schmitt, Dr. Heiner
Grundsätzlich gilt für Bewertung immer: Selektion und gezielte Komprimierung von Informations- und Programmbeständen auf verwertungsrelevante Kernüberlieferung ist Wertschöpfung im materiellen wie im immateriellen Sinne. Damit wird Verwertung im Sinne von Auswertung, Wiederverwendung und Weiterverwertung - sei dies im Produktionsprozess von Medienunternehmen oder auch in Wissenschaft, Forschung und Lehre - zentraler Hinter-grund und eigentliche Legitimation der Bewertungsprozesse. Oder einfacher: Bewertung schafft Mehrwert von Informations- und Programmbeständen und ist die Voraussetzung, dass diese (also der Content) verwertbar werden. Die Einbeziehung der Rechtsver-hältnisse, die bei jeder Form von Nutzung zu berücksichtigen sind, ergänzt hierbei die inhaltliche Bewertung des sogenannten Assets.
Lange Zeit wurde im Archivwesen davon ausgegangen, dass Hans Booms' archivphilosophischer Ansatz von einer positiven Wertent-scheidung, die als Zielvorgabe die Dokumentation aller gesamt-gesellschaftlichen Entwicklungen und Prozesse fordert, die end-gültige Basis für Bewertung definiere. In der jüngeren wissen-schaftlichen Grundlagenforschung setzt sich seit einigen Jahren, vor allem wegen der nicht leicht zu bestimmenden Eingrenzung einer positiven Wertbestimmung auf das Wesentliche, die doku-mentarische Ansätze durchaus integrierende Konzentration der Bewertung auf die Bestimmung des Evidenz- und Informations-wertes von Überlieferung durch. Diese Ansätze gehen zurück auf Theodore R. Schellenbergs Theorie der Primär- und Sekundär-werte.
Soweit der Hintergrund: Wichtig für unsere Tagung sind die Vorstellung konkreter Kriterien und deren Umsetzung, die Aus-wirkungen der Bewertung auf die Dokumentation von Beständen und die Konsequenzen der Bewertung für die Nutzung. Und da sollte der Ansatz so weit reichen, dem Gesichtspunkt des kultu-rellen Erbes ebenso gerecht zu werden wie aber vor allem den Erfordernissen des Produktionsgeschäfts im Medienbetrieb. Von Relevanz ist dabei vor allem, die ökonomischen Zusammenhänge von Bewertung und Verwertung zu untersuchen und zu analysieren.
Die Referenten werden also zunächst in rund 15minütigen Kurz-referaten auf die Kriterien der Bewertung sowie auf die Grundlagen der Sicherung des kulturellen Erbes eingehen. Im Anschluss daran wollen wir in einer Gesprächsrunde, in die ich auch das Plenum einbeziehen möchte, sozusagen die Probe auf's Exempel machen. Wir wollen uns nämlich in unserer Diskussion mit dem Thema "Zwischen Unternehmensinteressen und kulturellem Auftrag - Die Archive auf dem Weg zu Service- und Profitcentern" beschäftigen.

Staub, Herbert
Schweizer Mediendatenbank - A Clash of Cultures / Erfahrungen aus der Sicht eines Nutzers und Partners

Drei grosse Medienunternehmen mit je eigener publizistischer Ausrichtung, Artikel in vier Sprachen, Dokumentationsaufgaben und Archivfunktionen, Journalisten und Rechercheure, Qualität und Quantität - wer all diesen Ansprüchen mit einem gemeinsamen Dokumentationssystem gerecht werden will, riskiert den Clash of cultures. Die Gründer der Schweizer Mediendatenbank SMD (Schweizer Fernsehen DRS, Tamedia und Ringier) sind dieses Wagnis 1996 eingegangen und suchten nach dem grössten gemeinsamen Nenner der verschiedenen "Kulturen". Heute, acht erfahrungsreiche Jahre später, hat die SMD so etwas wie eine eigene multikulturelle Form gefunden. Sicher entspricht sie in vielem nach wie vor nicht den Idealvorstellungen, doch über Kompromisse - und mit denen wissen die Schweizer ja bekanntlich zu leben - wird das Feld der Gemeinsamkeiten ständig erweitert und neu definiert. Denn auch eine einmal errungene "Dokumentationskultur" muss immer wieder hinterfragt und den sich ändernden Bedingungen angepasst werden: Erschliessung ja oder nein? Bearbeitung durch Profis oder Hilfskräfte? Ersetzt die Mediendatenbank den Rechercheur?

Tanner, Prof. Dr. Jakob
"The medium is the message" - die Virtualisierung und Kommerzialisierung von Archiven aus historischer Sticht

Die Archive des Staates wurden mit der Französischen Revolution auf eine neue Grundlage gestellt. Hatten sie vorher - im Ancien Régime - die Rolle eines Herrschaftsmittels, so sollten sie nun der Demokratie dienen und den Bürgern offen stehen. Dieses Ideal des frei zugänglichen Archivs wurde angesichts fortbestehender Interessengegensätze zwischen Geheimdiplomatie, Staatsschutz und Informationsdemokratisierung, zwischen Datenschutz und Forschungsfreiheit, zwar nie verwirklicht, entfaltete jedoch als Leitbild ein beträchtliches kritisches Potential. Inzwischen ist die starke Zentrierung der Archivproblematik auf den Staat in den Hintergrund getreten und mit dem stärkeren Gewicht der Massenmedien, der Medienunternehmen und der privatwirtschaftlicher Organisationen überhaupt sind neue Fragen aufgetaucht. Diese erhalten mit den neuen Möglichkeiten der Verarbeitung, Verbreitung und Vermarktung von Dokumenten durch das World Wide Web eine zusätzliche Brisanz und eine qualitativ neue Dimension.

Wandeler, Dr. Josef
Tops und Flops - Entwicklungen in der Landschaft der Schweizer Mediendokumentation
Vor 17 Jahren hat die Frühjahrstagung letztmals in der Schweiz stattgefunden. Jetzt wo wir wieder in Zürich tagen, ist das ein Anlass, einen Blick zurück zu werfen: Was hat sich seither verändert, zum Guten und zum Schlechten? Wo sind wir damals gestanden, was waren unsere Erwartungen und Perspektiven? Was haben wir seither erreicht, wo mussten wir Hoffnungen begraben und wo hat die Realität unsere damalige Fantasie übertroffen? Wo stehen wir heute in Sachen Ausbildung und wie entwickelt sich hier der Arbeitsmarkt? Und was sind die wichtigsten Unterschiede zwischen der schweizerischen und der deutschen Mediendokumentionslandschaft?

Zwicker, Dr. Josef
Erlaubnis zum Vernichten: die Kehrseite des Archivierens

Angesichts des problematischen Verhältnisses zwischen der Masse akkumulierter Information und der in einer konkreten Situation nutzbaren Menge ist offensichtlich, dass Vernichten von Information eine Wohltat sein kann - jenseits der unmittelbar ökonomischen Zwänge zur Beschränkung des Aufwandes für das Erwerben, Aufbewahren, Erschliessen und Zur-Verfügung-Stellen.
Entscheidend ist, dass die Vernichtung - als Kehrseite der Aufbewahrung - nicht willkürlich geschieht, sondern professionell und, im Falle öffentlicher Archive, dem öffentlichen Interesse dienend. Professionell bewerten heisst den allgemeinen state of the art kennen und anwenden, sich der Spezifität des eigenen Dokumentationssystems bewusst werden und ihr Rechnung tragen, fähig sein, auch mit knappen Ressourcen kohärent auf das Dokumentationsziel hinzusteuern. Entscheidende Grundlage ist ferner das Bewusstsein der Begrenztheit des eigenen Urteils. Es gibt keine Selbstoffenbarung des Dokumentationswertes potentieller Archivalien.


Letzte Änderung: 12.02.2009